3.12.05

Lob der Verkäuferinnen

Heute sei noch das Lob der Verkäuferinnen gesungen. Nicht aller natürlich, aber vieler hier in Greifswald. Hier gibt’s vielleicht nicht immer das zu kaufen, was man will, aber meistens ein Lächeln. Sie schenken einem noch die letzte verfügbare große Büroklammer, „Volkseigentum“, wenn man sie grade dringend braucht.

Die Verkäuferinnen hier holen einem noch das Brot, das sie für sich selber zurückgelegt haben, aus irgendeiner Ecke, unaufgefordert, ohne dass man drum gebeten hätte, damit man es mit nachhause nehmen kann, weil es so köstlich schmeckt.

Und: die Damen sagen die Wahrheit, wenn man sie fragt, ob einem ein Rock oder eine Hose steht beispielsweise. Da spart man viel Geld. Weil meistens steht’s einem ja nicht so besonders.

Oder: Ich frage eine der Damen, wo das Öl steht beispielsweise oder der Blätterteig. In Heidelberg etwa bekäme ich – jedenfalls in den meisten Fällen - ein Schulterzucken oder ein „keine Ahnung“ oder „wees isch net“ oder im besten Fall „do hinne“ oder „da hinten im Regal“, begleitet von einer eher unspezifischen Bewegung mit dem Arm, die das Regal bezeichnen soll.
Hier: eilt die Verkäuferin voraus und ich selber hinterher und sie hält nicht inne, bis sie vor dem betreffenden Regal steht und mir das Gesuchte präsentiert. Unzählige Male ist das vorgekommen.

Bezahlt man in Heidelberg irgendwo an der Kasse, fühlt man sich wie eine unsichtbare Geldkuh so ungefähr. Die Damen an den Kassen, in der Galeria Horten beispielsweise, nehmen das Geld, ohne die KundInnen auch nur anzuschauen. Sie unterhalten sich nebenbei, strecken die Hand aus und das war’s.
Hier gibt’s oft ein Lächeln (natürlich gibt’s auch mal nichts ab und zu) und meistens auch den Wusch: Einen schönen Tag noch. Oder ein kurzes „Tschüssi“. Nett.

Die Verkäuferin rufen zurück, wenn sie es versprechen, weil sie irgendwo nachgefragt haben, ob das, was du willst und was es nicht gibt, vielleicht doch noch irgendwo zu haben ist. Sie sagen nicht: Man muss eben wissen, ob einem das seine Gesundheit wert ist, wenn etwas völlig überteuert ist, sondern sie nicken und sagen, ja, das ist schon sehr teuer, das muss man sich in Ruhe überlegen.
.. also ich würde das ehrlich gesagt nicht nehmen ... lassen Sie die Hose doch wie sie ist, das ist prima, das Kürzen kostet doch immerhin 5 Euro ... also ich würde die lieber ohne Gürtel tragen ... also das nutzt gar nichts, kaufen sie lieber die billige Zinkcreme ... das ist vielleicht nicht geschäftstüchtig, aber menschlich.

Hier hat man noch ein gesundes Verhältnis zum Geld, scheint's, und ein menschliches zu den Menschen.
Nicht, dass man hier Freunde für’s Leben fände, wenn man nur ein oder zwei Jahre bleibt. Es soll acht Jahre dauern im Durchschnitt. Soviel Zeit habe ich nicht. Aber die Alltagskommunikation in den Geschäften, bei den Ärzten oder sonstwo – natürlich nicht überall aber oft – ist einfach menschlicher als in vielen Städten im Westen. Scheint mir jedenfalls.

Ein bisschen zu sehr verallgemeinert, zugegeben. Ich bin auch schon mal angebrüllt worden. Aber von einem sturzbesoffenen Kunden. Nicht von einer Verkäuferin ;)

Und all die „man"s, die sich da oben tummeln. Schlechter Stil. Und die Kategorisierung. Eine Todsünde nach der andern hab ich begangen. Über Toleranz geschwafelt weiter oben, ohne wirklich etwas davon zu verstehen. Da kann ich nur mit Wittgenstein sprechen oder besser schweigen, du weißt schon, liebe/r LeserIn, du gestattest, dass ich dich duze-: wovon man nicht sprechen kann undsoweiter.

Ich hätte das Ganze besser in Szenen geschrieben. Jedes Erlebnis eine Szene. Wär vielleicht angenehmer zu lesen. Aber dazu ist jetzt keine Zeit. Ist auch viel zu lang das alles. Ich sollte zu meinen Cykus zurückkehren

Tröstlich schimmern die
Laternen – ich werd erst gehn
wenn grau der Tag kommt

Jetzt aber werde ich mich in die Hypertextgefilde begeben, dort gibt es keine Gewissheiten, keine Längenbeschränkung und keine Eindeutigkeit. Dort lebt es sich schön.