Wie im Himmel
Wie im Himmel habe ich mich nicht grade gefühlt, als ich den gleichnamigen Film von Kay Pollack sah. Aber als der Soundtrack plötzlich abbrach, war das die Hölle. Denn der improvisierte Schlusschor klang nach Paradies. Wie haben die das hingekriegt? Warum sind eigentlich nicht alle aufgestanden im Kino und haben mitgesungen? Keine Sorge, es handelte sich nicht um das Deutschlandlied oder sonst eine vorgefertigte Hymne. Das heißt, eine Art Hymne war es schon: eine Haromonieindervielfalthymne, eine Art Glaubtandengroßentraumlied, so eine Art Menschenallervölkerkommtimherzenzusammenlied.
Aber ich greife vor. Im neuesten Pollack-Film kehrt ein berühmter Dirigent, Daniel Daréus, nach einem Herzinfarkt zurück in sein Heimatdorf, um, ja was: sich zurückzuziehen? sich auszuruhen? ein neues Leben zu beginnen? Als ob das so einfach wäre. Warum er ausgerechnet die alte Schule gekauft hat, um darin zu leben, wird nicht ganz klar, ist sie doch der Ort, an dem er damals so viel gelitten hat unter den andern Dorfkindern. Die haben den begabten Außenseiter, den kleinen Geiger, nicht verstanden und roh gequält, so lange, bis seine Mutter mit ihm das Dorf verließ.
Bemerkenswert die Kürze, mit der diese Vorgeschichte erzählt wird. Rationale Logik ist in diesem Fall ohnehin nicht gefragt. Pollack spielt auf der Klaviatur der Emotionen, denen man am Ende trotz kritischer Film-Betrachtung zum Opfer fällt.
Zunächst aber bleibt man kühl, schaudert beim Anblick des verschneiten Dorfes, der Kälte im Schulhaus, der Zurückhaltung des Helden. Überhaupt die Helden und Heldinnen in diesem Film. Daniel Dareus redet wenig, lauscht mit halboffenem Mund, beobachtet still, dabei etwas töricht wirkend, die lebenslustige Lena ist ein bisschen zu mollig und ein wenig zu sehr Gutmensch, der Pfarrer eine Spur zu viel von der Sünde besessen, der Trucker-Ehemann von Gabriella zu bilderbuchbrutal, ein wenig zu durchsichtig alles: schon in einer der ersten Szenen schlägt der Trucker brutal ein weißes Kaninchen tot, nachdem er es angeschossen hat; nur Minuten zuvor hatte der Dirigent das Kaninchen voll Freude fotografiert.
Daniel Daréus will nur seine Ruhe, aber die lassen ihm die DorfbewohnerInnen nicht. Letztendlich aber ist es sein eigenes Temperament, das ihn die Stelle des Kantors und Kirchenchorleiters annehmen lässt. Mit der ihm eigenen absoluten Passion, die ihn letztendlich zugrunde richtet, macht er sich an die Arbeit. Seine unkonventionellen Methoden brechen Gewohnheiten auf, entfalten ungeahnte Wirkungen bei den Chormitgliedern - und machen ihn beim strengen Pfarrer äußerst unbeliebt. Aber auch Daniel selbst durchläuft einen Lernprozess: Er lernt das Leben. Ausgerechnet jetzt.
Für ihn selbst und die ChormitgiederInnen wird der Chor zur Therapie und zum Katalysator. Allzu durchsichtig auch hier, sind alle Typen – oder sind es Klischees - vertreten: die Frustrierte, der Behinderte, der Fettleibige, der Umtriebige, die Alte, die gegen die Regeln des Dorfes verstoßende lebenslustige Lena. Und so fort. Die ganz normalen Helden des Alltags eben, die bisher wenig von Idealen wussten. Es entbehrt nicht der Komik, wie der Dirigent versucht, den Dörflern seine Ideale nahe zu bringen und darin immer wieder von den Gegebenheiten und Geräuschen des Alltags gestört wird. Aber am Ende verstehen nicht nur die SängerInnen, sondern auch wir Daniels Traum: Alles ist schon da, wir müssen es nur vom Himmel holen. Es genügt zu hören. Aufeinander zu hören. So findet jeder seinen Ton. Dann entsteht Musik, die die Herzen bewegt.
Das Setting ist, wenn man’s genau nimmt, geradezu genial: Der Dirigent bekommt seinen großen Traum erfüllt, bevor er gehen muss, und hat es damit geschafft, sich selbst überflüssig zu machen. Sein Chor hat tatsächlich gelernt zu hören, die Töne vom Himmel zu holen, die eigene Stimme zu finden und einen gemeinsamen Klang entstehen zu lassen, der zu den Herzen – zumindest der im Film Anwesenden – spricht und sie einstimmen lässt in dieses universelle, polyphone Lied. Und alles hat irgendwie mit Liebe zu tun. Das anarchisch-harmonische Klangfinale übertönt schließlich bei der Zuschauerin einen Moment lang alle Zweifel, ob dies nun Kitsch sei oder ein wunderbarer Film. Daniel Daréus möge weiterleben, wünscht man sich, damit man hingehen könnte heut abend zum Chor und er einem helfe, die eigene Stimme zu finden.
Ein wenig mehr Kühle bis zum Schluss hätte dem Film dennoch gut getan. Wer aber gerade in sentimentaler Laune ist, der lege denn Kopf getrost zurück in den Kinositz und überlasse sich den Emotionen. Katharsis.
Aber ich greife vor. Im neuesten Pollack-Film kehrt ein berühmter Dirigent, Daniel Daréus, nach einem Herzinfarkt zurück in sein Heimatdorf, um, ja was: sich zurückzuziehen? sich auszuruhen? ein neues Leben zu beginnen? Als ob das so einfach wäre. Warum er ausgerechnet die alte Schule gekauft hat, um darin zu leben, wird nicht ganz klar, ist sie doch der Ort, an dem er damals so viel gelitten hat unter den andern Dorfkindern. Die haben den begabten Außenseiter, den kleinen Geiger, nicht verstanden und roh gequält, so lange, bis seine Mutter mit ihm das Dorf verließ.
Bemerkenswert die Kürze, mit der diese Vorgeschichte erzählt wird. Rationale Logik ist in diesem Fall ohnehin nicht gefragt. Pollack spielt auf der Klaviatur der Emotionen, denen man am Ende trotz kritischer Film-Betrachtung zum Opfer fällt.
Zunächst aber bleibt man kühl, schaudert beim Anblick des verschneiten Dorfes, der Kälte im Schulhaus, der Zurückhaltung des Helden. Überhaupt die Helden und Heldinnen in diesem Film. Daniel Dareus redet wenig, lauscht mit halboffenem Mund, beobachtet still, dabei etwas töricht wirkend, die lebenslustige Lena ist ein bisschen zu mollig und ein wenig zu sehr Gutmensch, der Pfarrer eine Spur zu viel von der Sünde besessen, der Trucker-Ehemann von Gabriella zu bilderbuchbrutal, ein wenig zu durchsichtig alles: schon in einer der ersten Szenen schlägt der Trucker brutal ein weißes Kaninchen tot, nachdem er es angeschossen hat; nur Minuten zuvor hatte der Dirigent das Kaninchen voll Freude fotografiert.
Daniel Daréus will nur seine Ruhe, aber die lassen ihm die DorfbewohnerInnen nicht. Letztendlich aber ist es sein eigenes Temperament, das ihn die Stelle des Kantors und Kirchenchorleiters annehmen lässt. Mit der ihm eigenen absoluten Passion, die ihn letztendlich zugrunde richtet, macht er sich an die Arbeit. Seine unkonventionellen Methoden brechen Gewohnheiten auf, entfalten ungeahnte Wirkungen bei den Chormitgliedern - und machen ihn beim strengen Pfarrer äußerst unbeliebt. Aber auch Daniel selbst durchläuft einen Lernprozess: Er lernt das Leben. Ausgerechnet jetzt.
Für ihn selbst und die ChormitgiederInnen wird der Chor zur Therapie und zum Katalysator. Allzu durchsichtig auch hier, sind alle Typen – oder sind es Klischees - vertreten: die Frustrierte, der Behinderte, der Fettleibige, der Umtriebige, die Alte, die gegen die Regeln des Dorfes verstoßende lebenslustige Lena. Und so fort. Die ganz normalen Helden des Alltags eben, die bisher wenig von Idealen wussten. Es entbehrt nicht der Komik, wie der Dirigent versucht, den Dörflern seine Ideale nahe zu bringen und darin immer wieder von den Gegebenheiten und Geräuschen des Alltags gestört wird. Aber am Ende verstehen nicht nur die SängerInnen, sondern auch wir Daniels Traum: Alles ist schon da, wir müssen es nur vom Himmel holen. Es genügt zu hören. Aufeinander zu hören. So findet jeder seinen Ton. Dann entsteht Musik, die die Herzen bewegt.
Das Setting ist, wenn man’s genau nimmt, geradezu genial: Der Dirigent bekommt seinen großen Traum erfüllt, bevor er gehen muss, und hat es damit geschafft, sich selbst überflüssig zu machen. Sein Chor hat tatsächlich gelernt zu hören, die Töne vom Himmel zu holen, die eigene Stimme zu finden und einen gemeinsamen Klang entstehen zu lassen, der zu den Herzen – zumindest der im Film Anwesenden – spricht und sie einstimmen lässt in dieses universelle, polyphone Lied. Und alles hat irgendwie mit Liebe zu tun. Das anarchisch-harmonische Klangfinale übertönt schließlich bei der Zuschauerin einen Moment lang alle Zweifel, ob dies nun Kitsch sei oder ein wunderbarer Film. Daniel Daréus möge weiterleben, wünscht man sich, damit man hingehen könnte heut abend zum Chor und er einem helfe, die eigene Stimme zu finden.
Ein wenig mehr Kühle bis zum Schluss hätte dem Film dennoch gut getan. Wer aber gerade in sentimentaler Laune ist, der lege denn Kopf getrost zurück in den Kinositz und überlasse sich den Emotionen. Katharsis.
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