17.10.06

Jubiläum Live 3

Die feierliche Messe ist zuendegefeiert, gute Wissenschaft ist wenn sie Gott gefällt, so schöne Lebensweisheiten nehmen wir mit, Königin Silvia ist tausendmalfotografiert mit riesigen Objektiven und winzigen Digigalkameras, das leuchtend rote Kostüm mit Hut sehr fotogen, die Bodyguards sind wieder verschwunden, Polizei gab's wenig, Blumenteppich gabs keinen dafür eine schwedische Fahne, irgendein pommerscher König stand herum mit seiner Königin, viele StudentInnen und Normalmenschen standen herum auf dem Rasen vorm Dom, keiner hat die Absperrung übersprungen, jetzt sind die Illustren fort in die Alte Heilige Aula, die wiedereröffnet wird sozusagen, irgendwann wird wohl das niedere Volk sie auch wieder betreten dürfen, die StudentInnen gehn nachhaus, wunderbar unaufgeregt sind die GreifswalderInnen, gemütlich dieses 550-jährige Jubiläum, hoffen wir, dass es sich nicht schon bald ganz ausgejubiläumt hat, weil es keine geisteswissenschaftliche Universität mehr gibt, aber malen wir nicht schwarz, die Hoheiten aus Politik und Uni haben von Mitteln gesprochen, von Zukunft, von Lehre und Forschung, das wird schon werden, schade, hat die Königin keine Mittel mitgebracht außer Ihrem Lächeln ....

Jubikäum LIve 2

Und jetzt die Engelschöre. Silvia lächelt. Die Straßen klingen. Uns ist so feierlich zumut.

Jubiläum live

Ganz Greifwswald auf den Beinen. Im Dom, um den Dom herum. Im Dom: Der Rektor. Herr Köhler. Königin Silvia. Die ERlauchten.
Draußen le public, auf die großen Bildschirme starrende. Lauschend.
Die Einheit von Lehre und Forschung. Jawohl. Mehr Geld für die Unis. Jawohl. In Realität: keine Forschung möglich, da zu viel Lehre. Kein Privatleben mehr möglich, da zu viel Leere. Kein Wegkommen möglich, da zu wenig Mittel. Unmittelbares Elend.
Live-Blogging aus Greifswald.

Jubiläum

Sternenhimmel in Greifswald. Ein glänzender, ein schwarzer Audi rollt heran. Langsam. Hält. Einer sitzt drin. Observiert. Ein Transparent wird aufgehängt „Die Bildung läuft weg“. Der da drin starrt. Verrenkt sich den Hals. Observiert. Die Auditür öffnet sich. Einer steigt aus: „Macht bloß keinen Ärger ruft er.“ Der Fahrer des Rektors. Fährt langsam weiter, observiert anderswo. Vor dem Dom steht auch einer. Observiert. Denn morgen ist Jubiläums-Feier. Dieser wunderbaren Universität, die allmählich abgewickelt wird. Auf und davon, auf den Ostseegrund oder sonstwohin. Also wird observiert. Gestern hat wer eine Wand bemalt. Am Uni-Haupt-Gebäude. Mit unschönen Worten zu Herrn Arndt. Und morgen kommt Silvia!

12.10.06

Orhan Pamuk: Schnee

Erinnerung an die Lektüre von Schnee (Buch grade nicht zur Hand, auf alle Angaben: keine Gewähr). Das Buch zieht die LeserIn sofort in Bann. Unvergesslich die Atmosphäre des eingeschneiten Kars, zwischen Traum und Alptraum, die Erlebnisse des Dichters K., den man niemals wirklich kennenlernt, so wenig wie die Stadt Kars, ihn versteht die LeserIn (wahrscheinlich auch der Leser) nicht, die Stadt nicht, eine fremde Welt, deren Fremdheit der Schnee noch steigert. Gleich dem Dichter K. ist man in dieser Stadt gefangen, der Schnee, der Schnee lässt einen nicht los, die Bedeutung des Schneekristalls erschließt sich erst allmählich, und gerade als man dabei ist, etwas zu verstehen, ist die Leihfrist der Stadtbücherei abgelaufen ...
Dieses Buch ist wie ein Schnee-Sog, in den man hineingerät, während der Schnee unaufhörlich fällt, man geht durch die stille, weiße Stadt Kars, zusammen mit K., der in dieser Stadt erstmals nach langer Zeit wieder Gedichte schreiben kann.

Zusammen mit K. versuchen wir diese Stadt zu verstehen, hören den vielen Gesprächen zu, die er führt, mit den Kopftuchmädchen, mit den jungen Männern aus der Predigerschule (war’s die Predigerschule? Vorbeterschule?), wenn man jetzt nur die Namen parat hätte, unaufhörlich versucht man zu begreifen, die Motivation der Kopftuchmädchen, die merkwürdig erscheinende Glaubenswelt der jungen Männer, man ahnt vage etwas vom Konflikt zwischen Tradition und Moderne, zwischen Religion und Atatürkschem Laizismus – aber wirklich und in der Tiefe verstehen: kann man’s, wenn man wenig von diesem Land weiß?

Man ahnt, dass etwas geschehen wird, von Anfang an weiß man das, versteht allmählich ein wenig, staunt, weiß ebensowenig wie die Bewohner von Kars, was Theater ist, was die Wirklichkeit, man liest, fragt sich, zweifelt, zweifelt auch daran, dass K. sich wirklich verliebt hat, fragt sich, warum er zum Scheich gegangen ist, fragt sich, ob es jemals aufhören wird zu schneien, fragt sich, wann die ersten sterben werden, fragt sich, ob es jemals ein Ende geben wird, hört nicht auf zu lesen, liest eine Art ungewöhnlichen Kriminalroman, einen politischen Roman, eine Liebesgeschichte, eine poetische Geschichte, mit sichtbaren und unsichtbaren Dimensionen und vielleicht erst bei der zweiten oder dritten Lektüre werden sie sich erschließen oder nie ....

Wer ein solch faszinierendes, geheimnisvolles Buch geschrieben hat, wer eine solche atmosphärische Dichte in seinen Romanen erreicht, wer es schafft, dass LeserInnen lange und immer wieder über die Bedeutung dieses Romans mit all seinen Ebenen nachdenken, wer es schafft, dass die LeserInnen noch Monate und Jahre später (nach der Lektüre) diese schneeflirrende Welt im Gedächtnis haben, als sei der Schnee ganz frisch und falle gerade eben, als halte er Kars immer noch vom Rest der Welt abgeschlossen, wer solche Bücher schreibt, der hat sich den Nobelpreis verdient.

Ein großer Tag für die Literatur

Ein großer Tag für die Literatur:
Kiran Desai hat für ihren Roman “The Inheritance of Loss” („Erbin des verlorenen Landes“, auf Deutsch erschienen im Berlin-Verlag) den Booker Prize bekommen, Orhan Pamuk den Nobelpreis. Wir gratulieren.

10.10.06

Checkpoint





Rücken an Rücken
mit kalten Ideen
von Krieg in den Köpfen

die Augen blicken in eine Stadt
doch in verschiedene Welten

die Liebsten weit weg
in einem Zuhause
dessen Frieden sie
hier vor dem anderen
schützen

8.10.06

Buchmesse

Nicht vergessen in "Literaturwelt.Das Blog" reinzuschauen.Ein Teil von uns bloggt live von der Messe, andere posten Hintergrundinfos.

7.10.06

Frau Berg, auch das noch!

und jetzt auch noch das: " das Tessin ist so viel Kitsch, dass das gar nicht geht"! Vorsicht Frau Berg. Also ich weine keine "Kitschtränen" in Tessin.
Und in London war sie im Muslimqurtier, da war sie also jeden Tag Scheiße drauf, denn sie mag die nicht, diese zugeschleierten Frauen, die immer und in jedem Fall unterdrückt werden, also sie will das einfach nicht sehen .... Frau Berg, wie wärs mit einem Kurs gegen Kategorisierung und Diskriminierung?
Jaja - das findet man lustig in Deutschland, man macht sich gerne lustig, auch über die Ikea-Käufer beispielsweise, das kann auch Herr Goldt gut.
Ah, hätte ich das Interview lieber nicht gehört, ich muss diess Radio auschalten, ich kann ja nie mehr etas von Frau Berg lesen!
aber was sagt Frau Berg da im nun folgendenden Interview (imme rnoch Deutschlandfunk)? Sie diskriminiert die Ostsew!! "Was soll man sagen zu einem Meer, das nur Tümpel ist ... so ganz ohne Palmen .. ein Meer das gerne Meer wäre ... das eher für Fische spannend ist ...." undsowieter undsoähnlich. Allerhand. Vielleicht hat sie damals, als sie mit 15 an die Ostsee kam in der DDR, den Schimmer auf dem Meer nicht gesehen, vielleicht war alles überdeckt von Grau wie sie sagt ... viellleicht war grad Nebel vielleicht ... jedenfalls: es ist nichts gegen die Ostsee zu sagen im Sommer! Punkt.

Das wird schon. Nie mehr lieben

Wer gerade (20.40 Uhr) im stillen Greifswald am stillen Greifswaldsamstagsemesterferienabend sitzt und in einem stillen Lebensalter sich befindet: Radio einschlaten (Deutschlandfunk). Da läuft gerade das passende Hörspiel über das Leben der Frauen in/nach den Wechseljahren: nicht mehr jung noch nicht alt aber auf jeden Fall nicht mehr zu gebrauchen:

Das wird schon. Nie mehr lieben!
nach dem gleichnamigen
Theaterstück von Sibylle Berg
Mitwirkende: Leslie Malton, Stefanie Stappenbeck, Andreas Fröhlich und Daniela Ziegler
Bearbeitung: Wolfgang Stahl
Regie: Sven Stricker

Schön sarkastisch. Und schön wahr. Aber ob frau da noch lachen kann?

3.10.06

deutscheinheitlich

nun ja, sagt man sich, wenigstens eint man sich wenigstens lebt man deutscheinheitlich wenigstens westöstlich bettet man sich wenigstens und da sind auch die hellen sterne strahlend erdnah herzgroß überm nachbarhaus da ist der reine wind da ist die glanzluft ist das honiglicht ist die stille ist das zeitosigkeitsglück in vorpommern ...

2.10.06

woanders

Woanders gibt es tolle Filme: Emma zumBeispiel (sehr zu empfehlen, Taschentücher mitnehmen) oder vermutlich tolle Filme The Science of Sleep .
Woanders gibt es Lyrikfestivals, zum Beispiel poeZone4, das World Poetry Festival am DAI Heidelberg, das gar nicht mehr aufhört, vom 26.09. - 16.12.06. Herzstück wird auch diesmal wieder Words & Voices sein, am Samstag 21. Oktober 2006 20:00. Wer zufällig in Heidelberg ist an diesem Tag, nix wie hin. Am DAI gibt es die besten, entspanntesten, tollsten Poetry Festivals überhaupt! Ganz im Gegensatz zu sagen wir mal beispielsweise Berlin.
Nicht schlecht war auch das Lyrikfestival in Basel, vom letzten Wochenende, und hier wird berichtet erster und nachgelesen.

Und in Greifswald wird doch immerhin auch vorgelesen.
Ja, auch hier.
Gedichtet
ja auch hier
Gelesen
ja auch hier
Und zugehört
bloß wem?

orange laternen

zurück in der stadt
der orangen laternen
alle fenster schwarz

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